Was ist Skulptur?

Was ist unter dem Begriff Skulptur, Bildhauerei und Plastik zu verstehen?



 
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Aus: www.skulpturensammlungen.de
- Ein Zusammenschluss deutscher Museen, Plastiksammlungen und Ausstellungsinstitutionen, mit Arbeitsschwerpunkt Bildhauerei und Skulptur. -


Skulpturen geben der menschlichen Figur, Naturformen sowie Dingen und abstrakten Formen eine dreidimensionale Erscheinung und Ausdruck. Sie interpretieren deren körperliche Präsenz und ihr Verhältnis zum Raum. Sie können die Wahrnehmung des Raumes und auch die des Betrachters selbst verändern, unabhängig davon, ob sie sich im traditionellen Sinn auf "gegenständliche" Motive beziehen oder mit ungegenständlichen Formen arbeiten.

Grundformen der Skulptur sind von alters her die frei aufgestellte Rundplastik, das Relief und zahlreiche Formen der architekturgebundenen Skulptur. Dazu kommen in neuerer Zeit Objekte und Gegenstände, die allein oder im Zusammenhang von Installationen oder durch einen ungewohnten Zusammenhang so inszeniert werden, dass von ihnen neue Bedeutungen und Wahrnehmungen der Welt ausgehen können. Neben großen Skulpturen entwickelte die Kleinplastik eine oft ganz eigene Formensprache und Materialvielfalt, von antiken Terrakotten über mittelalterliche Elfenbeine bis zum modernen Design-Objekt.

Vom alten Ägypten über die griechisch-römische Antike bis zu den nachantiken Epochen wurden Gebäude durch Skulpturen verlebendigt. Umgekehrt verliehen die Architekturen den Skulpturen eine ihre Themen deutende Ordnung. Das gilt besonders für das Mittelalter, etwa in den romanischen Kirchenportalen und Kreuzgängen oder in den gotischen Kirchen, sowohl am Außenbau als auch an Altären, Chorschranken oder Taufbecken. Besonders seit Michelangelo und dann im Barock wird das dynamische Zusammenwirken von Skulptur und Architektur prägend für beide Gattungen. Erst seit dem frühen 19. Jahrhundert treten sie oft in ein eher additives Nebeneinander. Andererseits gibt es gerade heute auch ganze Architekturen, die wie große Skulpturen modelliert und plastisch geformt erscheinen, beispielsweise von Frank O. Gehry.

Freiplastiken kommt oft eine besondere, denkmalhafte Würde und Bedeutung zu. Von den Götterstatuen in den Tempeln Griechenlands über die öffentliche Plätze beherrschenden Statuen und Brunnenfiguren der Renaissance und die bürgerlichen Denkmäler des 19. Jahrhunderts bis hin zu monumentalen, nichtfigürlichen Freiplastiken wie etwa der "Flamme" von Bernhard Heiliger.

Die Reliefplastik stellt wiederum ganz eigene Anforderungen an den Künstler, indem sie in unterschiedlich abgestuften Schichten mit knappen Mitteln räumliche Wirkungen erzielen oder auch bewusst ausblenden kann. In der italienischen Renaissance flammte der "Paragone" auf, ein Wettstreit

 
zwischen Malerei und Skulptur um den Vorrang innerhalb der Gattungen. Während Kunsttheoretiker und Künstler wie Leon Battista Alberti und Leonardo da Vinci der Malerei den Vorzug gaben, führten Bildhauer wie Giambologna oder Benvenuto Cellini durch ihre Werke unter anderem den Vorteil der Skulptur vor Augen, von vielen Seiten betrachtet werden zu können. Schon Bildhauer der Renaissance wie Donatello, ganz besonders aber solche des Barock wie Gianlorenzo Bernini bewältigten die Herausforderung, mit Skulpturen auch Geschichten zu erzählen, zeitliche Abläufe als Sequenzen zu veranschaulichen, die sich durch die Betrachtung ihrer Werke aus unterschiedlichen Blickpunkten erschließen.

Die gegenseitige Herausforderung von Malerei, Skulptur und Objektkunst sowie anderer künstlerischer Medien - von der Fotografie über Collagen bis zum Einsatz elektronischer Medien - prägt auch die zeitgenössische Kunst bei ihrer Suche nach geeigneten künstlerischen Ausdrucksmitteln. Manchmal wurden dabei die klassischen Ausdrucksmittel der Skulptur auf knappe, sehr reduzierte Formen konzentriert, wie in der Minimal Art. Die Mobiles von Alexander Calder verbinden klassische Themen der Skulptur wie Balance, Erschließung des Raumes und Bewegung auf neuartige Weise. Andere Künstler, darunter auch Picasso, erweiterten die Skulptur durch den Einsatz von Alltagsgegenständen und auch von Maschinen, wie etwa in den Werken von Jean Tinguely. Gerade in der Kunst des 20. Jahrhunderts spielt überdies das Material oft eine besondere Rolle als Teil der künstlerischen Aussage, beispielsweise in den Werken von Joseph Beuys.

Skulpturen brauchen auf ähnliche Weise Zeit für ihre Entstehung wie ein wachsendes Lebewesen, egal ob sie in der klassischen Wortbedeutung von lat. sculpere (schnitzen, schneiden) aus harten Materialien wie Stein oder Holz gemeißelt oder geschnitzt sind oder ob sie als "Plastiken", von griechisch plassein (formen, bilden) aus weichen Materialien wie Ton oder Wachs modelliert und aufgebaut sind und danach womöglich in Bronze oder anderem Material gegossen wurden. Manche Künstler haben diesen Entstehungsprozess selbst zu einem Bestandteil der Darstellungen gemacht, etwa Michelangelo durch das "nonfinito" (das unvollendete) Stehenlassen grob bossierter Partien des Marmors, oder Auguste Rodin in den bewegten Oberflächen seiner Plastiken aus Bronze oder Gips.

Skulpturen sind für die Betrachter meistens eine größere Herausforderung als zweidimensionale Bilder, deren Interpretation oft leichter fällt. Noch mehr als solche muss man sie im Original aufsuchen, umschreiten, und von vielen Seiten erkunden.