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Die Aufstellung von Skulpturen
im öffentlichen Raum ist der letzte Anlass, der für eine
Wiederaufführung der Urszene der modernen Kunst, der Konfrontation
mit der Gesellschaft, immer noch gut ist. Nirgendwo sonst scheint
man der heroischen Legende näher, als wenn Unterschriften für
oder gegen die öffentliche Platzierung einer Plastik gesammelt
werden, Leserbriefe in Lokalzeitungen der Empörung oder Begeisterung
Luft machen, Vandalen kurzentschlossen zu Werke gehen und Kulturreferenten
langatmig um versöhnliche Worte ringen. Diese Aufregung ist
umso erstaunlicher, als die Akzeptanz der modernen Kunst, wenn man
den Bildern glauben darf, gerade in der Bundesrepublik seit Mitte
der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nahezu vollkommen
ist: Vasarely in Arztpraxen, Rothko-Plakate in Einrichtungshäusern,
Banken, die kühn in bunte, leicht verderbliche Papiere investieren,
Neo-Expressionismus, wo man eigentlich nur in Frieden zu speisen
hofft, und arte povera sogar ganz oben, in den Führungsetagen.
Vor allem aber kontrastiert der Aufruhr um Skulpturen im öffentlichen
Raum auffällig mit der Indolenz, dem schieren Gleichmut, mit
dem die Bewohner der Städte die Untaten der Architektur wegstecken,
von den Zumutungen des Verkehrs und des Kommerzes in den Straßen
einmal ganz zu schweigen. Für diese sonderbare Anstößigkeit
von Skulptur in der Öffentlichkeit sind vielfältige Erklärungen
versucht worden: soziologische, psychologische, kunsttheoretische.
Sie alle helfen das Phänomen einzukreisen; und bleiben
doch auf die eine oder andere Weise unbefriedigend, [....].
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