Heilbronner Stimme vom 19.05.2006
Umstrittener Skulpturenradweg wird eröffnet - amüsante Reaktionen
Von Martin Bernhard, dpa
Osterburken - Zunächst hagelte es Proteste gegen einen Skulpturenradweg
im Neckar-Odenwald-Kreis. "Zum Fenster hinaus geworfenes Geld" oder
"Man sollte das Geld besser für Kindergärten verwenden" schimpften
Bürger über das Projekt. An diesem Wochenende wird der 77 Kilometer lange
Kunstradweg der fünf beteiligten Kommunen Osterburken, Seckach, Adelsheim,
Rosenberg und Ravenstein offiziell eröffnet. Mit der Aktion wollen die
Initiatoren den Tourismus in der Region fördern.
Anfangs wurde die Kunst gar nicht als Kunst
erkannt: Kurz nachdem die Werke in der Landschaft aufgestellt waren, erhielten
die Städte und Gemeinden teils amüsante Rückmeldungen aus der Bevölkerung. So
wies ein Anrufer die Stadtverwaltung Adelsheim darauf hin, dass die
Straßenlaternen im Stadtpark defekt seien. Bei den Laternen handelt es sich
jedoch um das Kunstwerk "Paar im Park" von Jan Löchte:
zwei fünf Meter hohe Lampen, die sich mit Morse-Lichtzeichen einen Dialog aus
Shakespeares "Romeo und Julia" zublinken.
Auch ein Ensemble aus zwei Bänken und einem
Koffer aus schwarzem Basalt sorgte für Missverständnisse. Ein Anrufer meldete
der Stadtverwaltung Osterburken, dass jemand dort seinen Koffer vergessen habe.
Das Werk von Andreas Kiessling sorgte ebenfalls für Irritationen: Kurz vor
Merchingen werden Radfahrer zum Absteigen gezwungen, da sich auf einer Strecke
von elf Metern der Asphalt wellenförmig auftürmt.
Peter Anselm Riedl - Professor für
Kunstgeschichte und Sprecher der Jury, die die Kunstwerke ausgewählt hat -
betont, dass keines der Objekte gewohnte Erwartungen erfüllen soll: "Eben
diese Tendenz zum Aufbrechen von Normalität, zum Nachdenklich machen durch
Verweigerung einfacher Antworten entspricht einem Grundanliegen heutiger
Kunst."
Seitdem eine Broschüre zum Radweg erschienen ist, beobachten die Initiatoren jedoch einen Stimmungsumschwung in
der Bevölkerung. "Die Erläuterungen helfen dabei, die Kunstwerke zu
verstehen", sagte Sprecherin Judith Weiss. Manche Objekte stießen bereits
auf Begeisterung, etwa "Manta" von Stefan Rohrer. Der Künstler hat
einen Opel Manta zersägt und die 18 Meter langen Ausläufer am Wegesrand
drapiert. Kinder nutzen manche Kunstwerken für ungewohnte Zwecke: Sie reiten
auf Fabelwesen von Elisabeth Howey und machen Turnübungen am Kunstwerk
"Gerüst" von Rudolf Reiber.
Die fünf beteiligten Städte und Gemeinden
haben 80 Prozent der Kosten für den Radweg je zur Hälfte aus Mitteln des Landes
und der Europäischen Union finanziert. 20 Prozent mussten sie selbst tragen.
Allein die 18 Kunstwerke haben 440 000 Euro gekostet, Werbung und Beschilderung
schlugen mit 171 000 Euro zu Buche.
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